Seit Mai 2021 ist die Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation – kurz MDR) in Kraft. Sie ersetzt das Medizinproduktegesetz (MPG) aus dem Jahr 1995. Davon betroffen sind u. a. Dentallabore und Zahnarztpraxen mit Eigenlabor. Die MDR basiert auf EU-Recht, während das MPG nationalem Recht entspricht.
Was beinhaltet die MDR?
Das Gesetz erhöht die Hürden für die Zulassung, das Inverkehrbringen sowie die anschließende Überwachung von Medizinprodukten. Die Verordnung schafft somit einen transparenten, berechenbaren und nachhaltigen rechtlichen Rahmen für Medizinprodukte. Gleichzeitig sorgt sie für eine internationale Standardisierung und eliminiert nationales Recht, da die Vorgaben europaweit gelten. Darüber hinaus definiert sie Standards, um Medizinprodukte von kosmetischen Mitteln abzugrenzen. Insgesamt werden somit die Anforderungen an die Hersteller und alle anderen Beteiligten verschärft.
Sicherheit an oberster Stelle
Sicherheit hat oberste Priorität. Dazu wurde nicht nur der räumliche Geltungsbereich der Verordnung erweitert, sondern auch der inhaltliche Umfang. So fallen auch Produkte ohne medizinischen Charakter unter die Regelung, wie beispielsweise farbige Kontaktlinsen oder Stoffe für ästhetische Zwecke. Des Weiteren wurden neue Direktive für die Risikoklassifizierung von Medizinprodukten eingeführt. Die Klassifizierung beruht auf einem risikobasierten System, welches sich an der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers und dem Risikopotenzial des Produkts orientiert. Dieses Risiko steigt von Klasse I bis Klasse III schrittweise an (I, IIa, IIb und III). In vielen Fällen führt das neue System zu einer Höherstufung der Risikoklasse. So fällt dauerhafter Zahnersatz in die Risikoklasse IIa (mittleres Risiko) und Zahnimplantate unter die Risikoklasse IIb (hohes Risiko). Eine hilfreiche Übersicht zur Einteilung von Medizinprodukten mit Beispielen findet sich auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums (siehe auch „Weiterführende Links“).
Pflichten der Hersteller von Medizinprodukten
Gemäß Artikel 10 (Allgemeine Pflichten der Hersteller) der Verordnung ergeben sich folgende Pflichten für Hersteller von Medizinprodukten:
- Einrichtung eines Risikomanagementsystems
- Schaffung eines Qualitätsmanagementsystems
- Durchführung einer klinischen Bewertung der Medizinprodukte
- Erstellung einer technischen Dokumentation
- Anwendung des Konformitätsbewertungsverfahrens
MDR für Dentallabore und Konformitätserklärung
Gemäß den neuen Vorgaben gelten Dentallabore als auch Zahnärzte mit Praxislabor als Hersteller von Medizinprodukten. Sie unterliegen somit den rechtlichen Vorgaben der Verordnung. Wie bereits zuvor ausgeführt, wird der Hersteller verpflichtet, für die in dem Labor erstellten Medizinprodukte eine sogenannte Konformitätserklärung (gemäß der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte) auszustellen. Diese beinhaltet folgende Informationen:
- alle Daten, die zur Identifizierung des betreffenden Produktes notwendig sind
- die Versicherung, dass das Produkt ausschließlich für einen konkreten Patienten bestimmt ist
- den Namen des Patienten
- den Namen des Zahnarztes, der das betreffende Produkt verordnet hat
- die spezifischen Merkmale des Produktes, die sich aus der betreffenden zahnärztlichen Verordnung ergeben
- die Versicherung, dass das betreffende Produkt den im Anhang I der Richtlinien des 93/42/EWG genannten grundlegenden Anforderungen über Medizinprodukte entspricht
Verantwortliche Person
Ein weiterer Baustein in puncto Sicherheit ist die Forderung, einen oder mehrere Personen namentlich für die Einhaltung der Vorschriften zu benennen. Auch in diesem Punkt legt das Gesetz die Hürde hoch. Die verantwortliche Person muss durch Diplom, Zeugnis oder andere Nachweise seine formelle Qualifikation im Zusammenhang mit Medizinprodukten legitimieren. Alternativ genügen auch vier Jahre Berufserfahrung in Regulierungsfragen oder Qualitätsmanagementsystemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten. Der verantwortlichen Person obliegt die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Verordnung sowie u. a. auch die Erstellung der Konformitätserklärung.
Unterstützung durch Qualitätsmanagement-Handbuch von charly
Das Qualitätsmanagementhandbuch von charly enthält entsprechende Dokumente für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Mit der Version 9.19.0 wurde beispielsweise die Konformitätserklärung aktualisiert. Des Weiteren bietet das Handbuch Textvorlagen für die folgenden Bereiche der MDR:
- Allgemeine Textergänzungen zum MDR
- Textvorlage für die Bestellung eines Beauftragten für Medizinproduktesicherheit
- Entwurf für die Bestellung einer verantwortlichen Person
- Vorlage für Begriffserklärung für Sonderanfertigungen
Zusammenfassung
Die Medizinprodukteverordnung stellt die Verbesserung der Patientensicherheit in den Mittelpunkt der Gesetzesinitiative. Sie orientiert sich dabei am gesamten Produktlebenszyklus der Medizinprodukte und erweitert dessen Anwendungsbereich. Mit Hilfe eines Systems zur Identifizierung und Rückverfolgung von Produkten sowie umfangreichen Dokumentationspflichten erhöht sie die Transparenz für Hersteller und Patienten.
Weiterführende Links
- Verordnung (EU) 2020/561 des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR)
- Bundesministerium der Gesundheit: Medizinprodukteverordnung
- Bundesgesetzblatt: Gesetz zur Anpassung des Medizinprodukterechts
- solutio: Qualitätsmanagement in der Zahnarztpraxis
- Dentalmagazin: EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR)
- Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa e.V.: EU-Medizinprodukte-Verordnung MDR
- Risikoklassifizierung von Medizinprodukten
- Einteilung der Medizinprodukte anhand von europäischen Richtlinien
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